Etwa 15 Kilometer südlich von Ambalavao, entlang der Nationalstraße RN7, liegt das gemeinschaftlich verwaltete Naturreservat Anja. Es handelt sich um ein kleines Schutzgebiet von etwa 30 bis 34 Hektar, das sich am Fuße beeindruckender Granitmassive befindet. Es wurde im Jahr 2001 auf Initiative der lokalen Bevölkerung gegründet und wird heute von der Vereinigung Anja Miray verwaltet, die sechs Dörfer der Region vereint. Die Bewohner selbst übernehmen die Aufgaben des Naturschutzes, des Besuchermanagements und der Pflege des Geländes.
Das Reservat ist besonders bekannt für seine große Population von Katta-Lemuren (Lemur catta), den berühmten Ringelschwanzmakis. Über 400 Tiere leben hier frei in der Natur, sind aber an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt, was eine einfache Beobachtung ermöglicht – allerdings ohne sie zu berühren oder zu füttern. Lokale Guides begleiten jeden Besuch und teilen ihr Wissen über die Tierwelt, Pflanzen und die Geschichte des Ortes, einschließlich der Höhlen, die einst als Zufluchtsorte oder Grabstätten der früheren Bewohner dienten.
Anja ist ein starkes Beispiel für erfolgreichen gemeinschaftsbasierten Ökotourismus. Rund 300 Personen aus den umliegenden Dörfern arbeiten hier als Führer, Fährtenleser, Empfangspersonal oder Verwaltungsangestellte. Die Einnahmen aus dem Tourismus werden in soziale Projekte wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Wiederaufforstung investiert. Dieses Modell ermöglicht es, die Umwelt zu schützen und gleichzeitig der lokalen Bevölkerung nachhaltige Einkommensquellen zu bieten, die früher von Jagd oder Brandrodung abhängig war.
Trotz seiner geringen Größe beherbergt das Reservat eine erstaunlich vielfältige Biodiversität. Neben den Kattas gibt es seltene Vogelarten, mehrere Chamäleonarten, Eidechsen, Schlangen sowie den scheuen gestreiften Tenrek. Auch die Pflanzenwelt ist bemerkenswert und vereint Arten aus Trockenwäldern, Dornbuschregionen und dem Hochland. Der im Reservat weit verbreitete Chinabaum (Melia azedarach) ist eine wichtige Nahrungsquelle für die Lemuren.
Die Landschaft wird von den „Drei Schwestern“ geprägt – drei charakteristischen Granitmassiven, die beeindruckende Panoramen bieten. Einige Wanderwege führen hinauf und ermöglichen sogar das Zelten vor Ort. Besuchern stehen in der Regel zwei Routen zur Verfügung: ein kurzer, familienfreundlicher Rundweg und eine längere, sportlichere Wanderung von bis zu sechs Stunden.
Anja ist somit zu einem unverzichtbaren Zwischenstopp auf dem Weg durch den Süden Madagaskars geworden, zwischen Fianarantsoa und dem Isalo-Nationalpark. Es ist ein Ort, an dem man Madagaskars natürliche und kulturelle Vielfalt erleben und gleichzeitig die engagierte Arbeit einer lokalen Gemeinschaft unterstützen kann.