Die Orchideen Madagaskars: Vielfalt, Anpassungen und bemerkenswerte Arten

Madagaskar gehört zu den bedeutendsten Hotspots der Orchideenvielfalt weltweit. Die Insel beherbergt über 1.200 Arten in 57 Gattungen, von denen etwa 90 % endemisch sind – ein höherer Anteil als auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. Diese botanische Fülle lässt sich durch die geographische Isolation Madagaskars seit rund 160 Millionen Jahren erklären, die zur Entstehung zahlreicher einzigartiger Ökosysteme geführt hat.

Die meisten Orchideen blühen zwischen Juli und Oktober, insbesondere im Montagne d’Ambre, in den Parks von Andasibe, auf Nosy Mangabe und allgemein in feuchten Gebieten. Die bekannteste unter ihnen ist die Vanille, die für ihren intensiven Duft geschätzt wird und vor allem an der sogenannten „Vanilleküste“ im Nordosten angebaut wird. Das ätherische Öl des Ylang-Ylang-Baumes, für das die Insel Nosy Be berühmt ist, wird von französischen Parfümhäusern sehr geschätzt. Allerdings profitieren vom internationalen Handel meist andere Länder mehr als die Madagassen selbst.

Die madagassischen Orchideen kommen hauptsächlich in den feuchten Wäldern des Ostens vor, finden sich aber in fast allen natürlichen Lebensräumen – mit Ausnahme von trockenen Wüsten und Fließgewässern. Jede Region beherbergt spezifische Arten, die sich in Größe, Farbe und Lebensweise unterscheiden. Ein Großteil dieser Pflanzen ist epiphytisch: Sie wachsen auf Bäumen, ohne sie zu schädigen, und nutzen sie lediglich als Stütze, um besser ans Licht zu gelangen.

Ihre Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien sind oft äußerst komplex und hochspezialisiert. Viele Arten haben enge Beziehungen zu ihren Bestäubern entwickelt. Die Gattung Satyrium etwa zieht den Nektarvogel Souimanga an, während Leporella fimbriata Pheromone aussendet, um Männchen der Ameisengattung Myrmeca anzulocken. Eine der bekanntesten Arten, Angraecum sesquipedale, auch „Stern von Madagaskar“ genannt, kann nur von einem Nachtfalter mit außergewöhnlich langem Saugrüssel bestäubt werden – ein eindrucksvolles Beispiel für gegenseitige Anpassung. Andere Arten wie Stanhopea graveolens oder Bulbophyllum occlusum verwenden starke Düfte, um gezielt bestimmte Insekten anzulocken.

Zu den bemerkenswertesten Arten zählen Angraecum sesquipedale, erkennbar an ihrem langen Sporn und der Bestäubung durch den Schwärmerfalter; Cymbidiella falcigera, auch „Schwarze Orchidee“ genannt, die in freier Natur äußerst selten ist; Eulophiella roempleriana mit ihren großen fuchsiafarbenen Blüten; sowie die kultivierte Vanille (Vanilla planifolia). Darüber hinaus gibt es acht wildwachsende Vanillearten, die alle zur Orchideenfamilie gehören. Auch die Gattung Disperis ist mit auffälligen Arten wie Disperis trilineata oder Disperis similis vertreten.

Die Mehrheit der madagassischen Orchideen ist im Anhang II des CITES-Abkommens (Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten) gelistet, was bedeutet, dass ihr Handel streng geregelt ist. Nur Aerangis ellisii ist davon ausgenommen. Es gibt verschiedene Schutzmaßnahmen wie In-vitro-Kultivierung und die Einrichtung von Schutzgebieten, doch Abholzung und illegaler Handel bedrohen weiterhin viele seltene Arten.

Für Botanikbegeisterte gibt es einige herausragende Orte zur Beobachtung dieser floralen Schätze: die feuchten Wälder der Atsinanana-Region, der Nationalpark Andasibe-Mantadia, das Schutzgebiet Analamazaotra, der Gemeinschaftswald von Mitsinjo, der Berg Ibity und der Nationalpark Ranomafana bieten eine außergewöhnliche Vielfalt an Orchideenarten.

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